Wir Streiflichter teilen zusammen die Leidenschaft des Fotografierens. Zusammen streifen wir durch unseren Lebensraum, fokussieren, beobachten, denken in kleinen und grossen Bildern und fangen die Fragmente des besonderen Moments ein. Wir freuen uns, wenn wir unsere Bilder mit dir teilen dürfen.

Streife mit uns durchs Leben, miteinander fangen wir das besondere Licht ein.

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Wenn Streiflichter auf Streifzug sind, sieht das so aus …

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Chlausjagen Küssnacht 2019 45

Klausjagen Küssnacht in vier Akten

 

Der Zahnarzt meiner Tochter schüttelt den Kopf. «Das wird nix, Frau Brun, das kann ich Ihnen versichern. Habe ich schon selber ausprobiert!» Während die Zahnspange meiner Tochter kontrolliert wird, erklärt mir der passionierte, technikaffine Hobbyfotograf, dass es am Klausjagen in Küssnacht dunkel und eng ist wie im Rachen von Jim Knopfs Frau Mahlzahn. An Fotografie ist also nicht zu denken. Keine Lichtquelle weit und breit, tausende Zuschauer am Strassenrand. Dennoch ergattere ich so viele Informationen wie möglich, denn Streiflichter geben nicht so schnell auf. Der entnervte Blick meiner Tochter sagt mir schliesslich, dass unsere Fachsimpelei nun aber subito zu beenden ist. Genug ist genug.

Der Streifliechtli-Chat läuft an diesem Abend «süttig-heiss». So beschliessen Conny und Irene, sich für die lichtarme Mission bis aufs Zahnfleisch mit Hightech zu bewaffnen. Bei der gemieteten Canon Mark 5 mit lichtstarkem Objektiv funkeln die Augen von Irene. Conny ist hin und weg mit der geliehenen Nikon D850. Ich tue mir das nicht an. Eine neue Kamera in der Dunkelheit ausprobieren – nein danke, dafür habe ich keine Nerven. Also fotografiere ich mit dem Equipment, das mir zur Verfügung steht. Dieses ist ja auch nicht schlecht.

Unser besonderer Streifzug hat im Herbst erste Züge erhalten und sich im November konkretisiert. Für Hanspeter Rusts nächstes Buchprojekt dürfen wir Streiflichter die Bilder liefern. «Buda» (so wird er in Küssnacht genannt)  ist eine «Institution». Alle kennen ihn, denn er ist DER Samichlauskenner, -forscher und -lehrer überhaupt. Verschiedene Publikationen und Bücher hat er schon über den St. Nikolaus geschrieben. Wir versichern euch: Er hat den direkten Draht! Und für uns ist es eine grosse Ehre, für das nächste Projekt unseren Beitrag leisten zu dürfen.

Ein erstes Treffen findet an einem kalten Novembersamstag in Küssnacht statt. Wir schlendern durch die Gassen, hören aufmerksam den Erklärungen von Buda zu. Uns wird klar, dass das Klausjagen zur festen Identität dieses Dorfes am Fusse der Rigi gehört. Buda erklärt uns, dass es nicht nur das bekannte Klausjagen am Abend gibt. Zur Samichlauszeit in Küssnacht gehören auch:

  • Das Schüler-Klausjagen am Mittwoch- und Donnerstagmorgen um 4 Uhr
  • Der Schüler-Umzug am Donnerstag um 14 Uhr
  • Das Klausjagen am Donnerstag um 20 Uhr
  • Das Sächsi-Zügli am Freitagmorgen um 6 Uhr

Und am Samstag vor der grossen Show findet die Infula statt, wo ungefähr 200 Iffelen im noch nicht eröffneten Umfahrungstunnel von Küssnacht ausgestellt werden. Buahhhhhh, ein so umfassendes Shooting-Programm haben wir noch nie bewältigt. Und natürlich wollen wir unsere Sache gut machen!

Infula – die Iffelenausstellung im Tunnel

Der Auftakt für das Fotoabenteuer bildet die Infula. Wir haben die Möglichkeit – Buda sei Dank -, vor der allgemeinen Öffnungszeit eine Stunde alleine zu fotografieren. Die Stunde vergeht wie im Flug. Ich merke, dass ich als Hobbyfotografin mehr Zeit fürs «Warmup» benötige als vorgegeben. Bis ich in den Flow komme, insbesondere auch mit dem Stativ, sind bereits schon 25 Minuten vorbei. Dank Stativ können wir in der Dunkelheit mit langen Belichtungszeiten arbeiten. So schrauben wir die ISO-Zahl auf 100 und belichten lange. Das wird am Klausjagen definitiv nicht funktionieren. Während dem Fotografieren staunen wir immer wieder über die sagenhaften, farbigen Kunstwerke. Die Detailtreue, Genauigkeit und Ausdrucksstärke der Iffelen beeindrucken uns sehr.

Schüler-Umzug – herzerwärmende Tradition

Den Schüler-Umzug am Donnerstagnachmittag fotografieren Irene mit ihrem Vater Ruedi. Tagsüber gehts bei den beiden fototechnisch ein bisschen lockerer zu und her. Sie können sich voll und ganz auf die herzigen Kinder konzentrieren. Hier gibts alles in Kleinformat zu bestaunen. Entzückende, in der Schule gebastelte Iffelen werden auf den kleinen Köpfen balanciert, Trychler und Geislechlöpfer geben den Ton an. Das Süssholz im Mund ersetzt den rauchenden «Chrummen», welche die Grossen am Abend paffen. Am Schülerumzug dürfen übrigens auch die Mädchen mitlaufen. Die anderen Anlässe sind den männlichen Geschöpfen vorbehalten.

Klausjagen – Sturm der Sinne

Das Klausjagen macht uns schon es bizzeli nervös. Um besonders viele Facetten des Hauptanlasses einzufangen, teilen sich die Streiflichter heute Abend auf und fotografieren an verschiedenen Standorten. Den Auftakt machen Irene und Karin beim Einstellen. Hier treffen sich alle Teilnehmer und starten den Umzug. Es gibt sogar noch ein bisschen Licht und jeder Lichtstrahl wird mit Handkuss begrüsst. Conny macht sich währenddessen schon mal startklar am Hauptplatz. Sie sichert sich einen tollen Platz in der Mitte des Kreisels. Meinen wir jedenfalls. Denn leider verdecken immer mehr Leute ihre Sicht aufs Geschehen. Und das ist nicht die beste Ausgangslage für gute Bilder. Doch Conny wäre nicht Conny, wenn sie sich nicht zu helfen wüsste. Ihren Bildern merkt man die missliche Lage nicht an – sie sind wie immer speziell arrangiert. Karin tummelt sich zuerst durch die Strassen und fotografiert die Iffelen blind und aufs Geratewohl mit erhobenen Armen, während sie dann den zweiten Teil des Umzugs aus dem ersten Stockwerk fotografieren kann. Hier kommt auch das Stativ zum Einsatz. Irene hat vom OK-Komitee den Freipass erhalten, beim Umzug mitzulaufen. Sie ist wohl eine der einzigen Frauen überhaupt, der diese Ehre gebührt.

Das Klausjagen ist ein eindrückliches Erlebnis. Der Brauch gehört zum Dorf. Wohl fast alle Einheimischen sind auf eine Art und Weise involviert und haben ihre eigenen, persönlichen Geschichten. Ungefähr 1’500 Männer ziehen in ihren weissen Hirtenhemden durch dunkle Gassen. Kein Licht brennt weit und breit, um dem farbenprächtigen Glanz der Iffelen den gebührenden dunklen Raum zu überlassen. Zuerst bereiten die knallenden Geisselchlepfer das Terrain vor, danach tänzeln in kreisenden Bewegungen etwa 700 farbenprächtige Iffelen in allen Grössen durch die Strassen. Sie bereiten den Auftritt des Samichlauses mit seinen Schmutzlis vor, die von Fackelträgern gesäumt werden. Die nachfolgenden Blechbläser verbreiten den nachhaltigen Dreiklang der Klausmelodie mit dem Gesang «Mänz, Mänz, Mänz! Bodefridimänz!». Die Trychler mit Senten und Klopfen (Glocken) bilden die grösste Gruppe des Umzugs und berühren wohl mit ihrem tiefen Klang viele Menschen mitten in ihren Herzen. Die schaurigen Klänge der Hörner, die durch Mark und Bein gehen, beenden den offiziellen Teil des Klausjagens. Er findet dann in der Küssnachter Freinacht seine Fortsetzung und klingt mit dem Sächsizügli früh morgens endgültig aus. Irene und ich sind froh und dankbar, dass Conny diesen Part übernimmt.

Ein paar Tipps für die Nacht der Nächte in Küssnacht

Fototechnisch ist das Klausjagen wirklich eine Herausforderung. Wo kein Licht ist, ist kein Licht. Daran kann niemand rütteln. Aaaaber: wir haben ja noch Freund ISO, lichtempfindliche Objektive, das Stativ und die langen Belichtungszeiten. Damit lassen sich gerade auch vor und nach dem Umzug unvergessliche Bilder schiessen.

Beim nächsten Zahnarztbesucht ist auf jeden Fall für genügend Gesprächsstoff gesorgt. Ich verrate euch aber jetzt schon, welche Tipps ich dem Zahnarzt weitergeben werde:

  • Das Treiben vor und nach dem Klausjagen in den Gassen festhalten
  • Das Einstehen zum Umzug fotografieren, weil es da noch ein paar Lichtquellen gibt
  • Sich während des Umzugs eine gute, erhöhte Position am Strassenrand sichern
  • Je besser das Equipment, umso mehr Spielraum beim Fotografieren
  • Geniessen, geniessen, geniessen.

Das Klausjagen spricht nicht nur die visuellen Sinne an, sondern auch die akustischen. Es ist ein Anlass für das Herz und für die Seele. Er ist identitätsstiftend und ein Brauch der Gemeinschaft. Und weil bereits schon die Küssnachter Kinder damit gross werden, wird der Brauch auch von zukünftigen Generationen gelebt werden. Tragt Sorge zu ihm und macht weiter so, liebe Küssnachterinnen und Küssnachter, es hat uns sehr gefallen!

(Für die Streiflichter bloggt Karin Brun-Lütolf )

 

 

 

Vielmehr für das Ohr als für das Auge…..

KOMMENTARE

  • 31. Juli 2020

    El vostre article és bonic. Blaire Jae Farah

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